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Yoga in der Arbeitswelt


Ein Ruhepol im stressigen Alltag

Die Arbeitswelt von heute verlangt dem Menschen viel ab : Flexibilität, Abrufbarkeit zu ungewöhnlichen Tages- oder Nachtzeiten. Selbst im Urlaub hat der Job seinen Platz, ist das Smartphone und die App der Arbeitsmailbox doch zum ständigen Begleiter von uns allen geworden. In einer Welt der stetig wachsenden Digitalisierung und Robotisierung den eigenen Reset-Knopf zu findet, fällt oft schwer und lässt vielfältige Entspannungstechniken aus dem fernen Osten zu uns vordringen. Diese Techniken sollen unseren Blick für das Wesentliche schärfen und den Fokus neu ausrichten. Ganzheitliche Konzepte lösen die alljährliche Kur, die Rückenschule und die auf die Muskulatur begrenzte Physiotherapie ab. Meditation und Yoga erweisen sich als bedeutsamer für die westliche Kultur als zunächst vermutet.


Fernöstlicher Ur­sprung, westliche Erfolgsgeschichte

Bereits 700 v.Chr. beschreiben hinduistische philosophische Texte den Weg zur Erleuchtung durch die Meditation, die den Ursprung des Yoga darstellen. Als Vater des Yoga wird der indische Gelehrte Patanjali betrachtet, der die Philosophie zu einem praktischen Leitfaden, dem Yogasutra, zusammentrug. Der körperliche Aspekt des Yoga gewann erst an Bedeutung, nachdem die Vorteile der Übungen, die den Yogi zum langen Verharren im Lotussitz während der Meditation befähigen sollen, für das allgemeine Wohlbefinden erkannt wurden. Ab dem 15. Jahrhundert finden sich Schriften zu gezieltem körperlichen Training, das den Menschen auf dem spirituellen Weg des Yoga zu sich selbst und zu Gott unterstützen sollen.
Dieses körperliche Training wurde erstmals in den 1920er Jahren im Westen praktiziert und in den späten 60ern begeistert aufgenommen und verbreitet. Die spirituelle Ausrichtung des Yoga, die bis in die 90er Jahre den Leitfaden der Übungen bildete, wich einer Art „Fitness-Yoga”, die in den Vereinigten Staaten entstand und die europäische Praxis zunehmend beeinflusst. Heute existieren unzählige verschiedene Yoga-Schulen nebeneinander, die das Spektrum vom rein physischen „Bauch-Beine-Po-Workout” bis hin zur spirituellen Vervollkommnung abdecken. Die meisten Schulen bieten eine Zusammensetzung aus körperlichen Übungen, Atemübungen und Meditation, beziehungsweise Tiefenentspannung an.

Einbindung in die Arbeitswelt

Einst als Weg der persönlichen Selbstentfaltung und Optimierung konzipiert, verfolgt der Einsatz von Yoga-Übungen in der Arbeits­welt das gleiche Ziel. Gleichzeitig nehmen sie den Druck, der mit dem neuzeitlichen Perfektionismus verbunden ist. Der Mensch soll sich als Arbeitskraft dadurch optimieren, dass er den damit verbundenen Stress besser bewältigen und letztlich produktiver werden kann, ohne seine Gesundheit dafür aufs Spiel zu setzen. Die Yoga-Praxis führt zum gleichen Ziel, doch die Ausrichtungen differieren : Galt dem Menschen vor 2500 Jahren die Verbindung mit dem Schöpfer als höchstes zu erstrebendes Ziel, wurde dieser in der modernen Welt durch die Arbeit ersetzt. Auf der höchstmöglichen persönlichen Entwicklungsstufe steht nicht der, der Gott am nächsten ist, sondern der, der es schafft, gleichzeitig beruflich erfolgreich und dennoch ausgeglichen
zu sein. Das neue Ideal verdrängt das Bild des kettenrauchenden Workaholics, der bis spät in die Nacht am Schreibtisch sitzt und sowohl seine Familie als auch die eigene Gesundheit dabei im Stich lässt.

Vorteile für Körper…

Yoga verbindet die zentralen Aspekte von körperlicher Fitness und mentaler, beziehungs­weise emotionaler Ausgeglichenheit. Hierdurch passt Yoga optimal in die Ideale der modernen Arbeitswelt. Insbesondere typischen Nebeneffekten von Bürojobs wie Rückenproblemen, Verspannungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen bis hin zu Burnout und Depressionen kann durch eine regelmäßige Yoga-Praxis entgegen gewirkt werden.
Viele typische Positionen der Yogapraxis (Asanas) stärken den Rücken dadurch, dass das Verharren in einer bestimmten Körperhaltung besondere Kraft erfordert und so die Muskulatur nachhaltig aufgebaut wird. Verschiedene Schulen verfügen daher über ein spezialisiertes Angebot, das sich auf den Rücken als meist belasteter Körperpartie der arbeitenden Gesellschaft von heute fokussiert. Hinzu treten Bewegungsabläufe, die aufgestaute Energien des Körpers, die uns sowohl körperlich als auch mental blockieren können, in Fluss gebracht werden. Auch die Atemübungen (Pranayama), die zu den meisten Kursen dazugehören, sollen die Lebensenergie (Prana), die sich im Atem ausdrückt, fließen lassen
und buchstäblich für frischen Wind sorgen.

…und Geist

Zu den körperbasierten Übungen treten meist rein mentale Trainingsabläufe, die die vollkommene Entspannung verfolgen. Durch das Loslassen von physischen und psychischen Spannungen können Körper und Geist regenerieren, was uns belastungsfähiger und resistenter gegenüber stressigen Alltagssituationen macht. In letzter Konsequenz sind wir nicht nur zufriedener, sondern selbst das Immunsystem wird durch die innere Stärke widerstandsfähiger.
Dass Yoga sich positiv auf die Produktivität am Arbeitsplatz auswirkt, ist wissenschaftlich bewiesen. Den Ergebnissen der modernen Hirnforschung zufolge befähigt uns unser Gehirn nur über einen Zeitraum von 90 Minuten zu höchster Konzentration. Nur durch Bewegung oder tiefe Entspannung kann sich die Konzentrationskapazität, die nach dieser Zeitspanne kontinuierlich abnimmt, innerhalb kürzester Zeit regene­rieren. Wir werden leistungsfähiger und fühlen uns gleichzeitig erfrischt und bereit, uns auf das alltägliche Arbeitspensum einzulassen.

Umdenken in der Chefetage

Yoga wirkt sich also positiv auf die Stressbewältigung und Konzentrationsfähigkeit aus, das haben mittlerweile bereits viele große Unternehmen erkannt und integrieren Trainingseinheiten in die Wochenpläne ihrer Mitarbeiter. Steve Jobs war bekannt dafür, seinen Mitarbeitern täglich 30 Minuten für Meditation oder Yoga zu gewähren, wofür er spezielle Ruheräume einrichten ließ. Auch Google oder Nike setzen auf die Kraft der Gelassenheit, die jeder kreativen Arbeit zugute kommt. Beim Sportartikelhersteller müssen die Mitarbeiter nicht einmal das Büro verlassen, um an Yoga- und Meditationskursen teilzunehmen.
Die ganzheitliche Sicht des Menschen, dessen Körper von seinen Emotionen und umgekehrt beeinflusst wird, gilt mittlerweile auch in der westlichen Medizin als Fakt und begünstigt eine Integration von Yoga und Meditation in die Maßnahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements.
Im Netz stößt man schnell auf Yoga-Anbieter, die sich auf Kurse, Seminare und Workshops für die Arbeitswelt spezialisiert haben, da entsprechende Weiterbildungen zum Teil von den Krankenkassen übernommen werden. Ein Umdenken lohnt sich allemal.