Maison Relais Kannerstuff
Engagiertes Personal zum Wohle der Kinder !
Im Rahmen der Recherchen zur Kinderbetreuung in Luxemburg stießen wir auf eine Maison Relais, die uns durch ihr Engagement und die Vielfältigkeit der Beschäftigung “ihrer” Kinder besonders ins Auge stach. In der Gemeinde Esch-Sauer setzt sich eine Gruppe von 18 ErzieherInnen unter kommunalem Patronat für das Wohl der Kinder ein.
Von der Hausaufgabenhilfe zur Maison Relais
Als kleines Projekt wurde 2001 von der Gemeinde Esch-Sauer eine Hausaufgabenhilfe ins Leben gerufen, die sich innerhalb der folgenden Jahre immer weiter vergrößern sollte.
Bereits zwei Jahre nach der erfolgreichen Umsetzung des Projektes stand die Ausarbeitung zu einer umfassenden Maison Relais im Raum. Für das Schuljahr 2003/4 konnte diese mit einem eigenen pädagogischen Konzept und einem Namen aufwarten, der den Grundstein
des Konzeptes wiedergibt.
Kannerstuff
Das Team der Maison Relais betont das besondere Anliegen der Kannerstuff, das ausschlaggebend für die Namensgebung war und allen Mitarbeitern sehr am Herzen liegt : Die Kinder, die in der Kannerstuff versorgt werden, sollen sich vor allem wohl und geborgen fühlen. Als Inspiration diente die sprichwörtliche „gute Kinderstube”, die mit Fürsorge, aber auch mit Regeln und gegenseitigem Respekt auf das Erwachsenenleben vorbereitet.
Pädagogisches Konzept
Die Kannerstuff soll dem Kind ein möglichst familiengetreues Umfeld bieten. Einerseits sollen wichtige Aspekte wie Ruhe und Freude Teil des Alltags sein. Andererseits wird auf gutes Benehmen (z.B. bei Tisch), einen respektvollen Umgang mit Mensch und Natur, sowie auf die Förderung der persönlichen Entwicklung eines jeden Kindes großen Wert gelegt.
Praktische Umsetzung
Um den eigenen Ansprüchen gerecht zu werden, ist es dem Personal wichtig, die Kinder in möglichst kleine Gruppen aufzuteilen, ein Anliegen, das aufgrund der gesetzlichen Auflagen nicht immer leicht umzusetzen ist. Feste Bezugspersonen und Ansprechpartner sind für das Wohlbefinden des Kindes von enormer Bedeutung. Diese festigen das Vertrauen, das der gesunden Entwicklung des Kindes förderlich ist.
Ruhe und Erholung nach der Schule werden unter anderem durch eine räumliche Trennung von klein und groß gewährleistet.
Auch der Kontakt zum Lehrpersonal und den Eltern ist den MitarbeiterInnen wichtig : Können LehrerInnen über konkrete schulische Probleme ihrer Schüler Aufschluss geben, so sind die Eltern die wahren „Spezialisten” ihrer Kinder. Eine gute Zusammenarbeit erweist sich für alle Seiten als fruchtbar. Leider wird in der heutigen Zeit auch die Zusammenarbeit mit Psychologen und Sozialarbeitern immer häufiger unumgänglich. Persönliche Krisen wie die Scheidung der Eltern oder gar die Flucht aus einem Kriegsgebiet können Kinder in wichtigen Entwicklungsphasen so weit vereinnahmen, dass Verhaltensauffälligkeiten die Folge sind. Hier werden Einzelgespräche mit psychologischem Fachpersonal in die Wege geleitet oder Sozialarbeiter vemitteln bei angespannten familiären Verhältnissen.
Im Rahmen von 2-stündigen Personalversammlungen wird wöchentlich von den ErziehrInnen Bilanz gezogen. Hier wird auf bestehende Probleme reagiert und problematischen Situationen wird durch gezieltes Handeln vorgebeugt.
Konkrete Vorgaben der Regierung
War die Beschäftigung der Kinder in unterschiedlichen Aktivitätsbereichen bis vor kurzem fakultativ, so wird den Maisons Relais nun die schriftliche Dokumentation der Förderung der Kinder in folgenden Bereichen auferlegt :
Ein 3-Jahres-Plan, der die praktische Umsetzung der aufgelisteten Themenbereiche garantiert, soll ausgearbeitet und in einem sogenannten Journal de bord schriftlich festgehalten werden. Mitarbeiter des Service Nationale de la Jeunesse werden zukünftig hier Qualitätssicherungen durchführen.
Projekte
Die Kannerstuff zeichnet sich durch vielfältige Projekte aus, die die individuellen Kompetenzen der Kinder fördern. Auch sollen sie für diverse Themen sensibilisiert werden, wobei das Kind gleichzeitig auch einfach Kind sein darf.
„Kanner begéinen ale Leit”
Im Rahmen des Projektes „Kanner
begéinen ale Leit” besuchen Kinder der Kannerstuff seit 2012 einmal monatlich Bewohner des Seniorenheims Centre Pontalize. Gemeinsame Aktivitäten wie Backen, Malen oder Gesellschaftsspiele bringen sowohl den Kleinen als auch den älteren Menschen Freude. Nach einem gemeinsamen Spaziergang können es die Kinder kaum erwarten, mit ihren temporären Großeltern die ihrer Meinung nach beste heiße Schokolade Luxemburgs zu trinken. Das Team der Kannerstuff achtet darauf, insbesondere Kinder, deren Großeltern bereits gestorben sind, oder die im Ausland leben, mit ins Seniorenheim zu nehmen. Bereits eine Woche vor den geplanten Besuchen fragen die Kinder, wann es denn endlich wieder soweit sei.
Back to Nature
In Zeiten der Digitalisierung verlieren viele Kinder den Bezug zur Ursprünglichkeit der Natur. Eier kommen aus dem Supermarkt und Milch aus dem Papkarton. Zwei Projekte der Kannerstuff sollen die Kinder von heute wieder für die Schönheit der Natur und deren Schutz sensibilisieren.
Im Rahmen eines Tierprojektes sollen die Kinder lernen, verantwortungsbewusst mit anderen Lebewesen umzugehen. Die Beschäftigung mit den hauseigenen Hühnern und Kaninchen, die auch gefüttert und sauber gehalten werden müssen, wirkt zudem entspannend. Besonders verhaltensauffällige Kinder wirken wie ausgewechselt, nachdem sie etwas Zeit mit den Tieren verbringen konnten.
Auch das Waldprojekt im Toodler Bësch bezieht Tiere mit ein. In einem kleinen Teil des Waldes können die Kinder sich auf einem selbst mitgestalteten, natürlichen Spielplatz austoben. So haben die Kinder beim Bau hölzerner Gerüste, eines „Hexenhäuschens”, eines „Insektenhotels” und mehrerer Vogelhäuser mitgewirkt.
Im Fokus steht hier der respektvolle Umgang mit der Natur und die „Rückführung” der Kinder in ein natürliches Umfeld, fernab von Computer und Spielekonsole. Schmutzige Kleider und lachende Gesichter sind fester Bestandteil des Konzepts, das ganz nebenbei auch das Immunsystem der Kleinen stärkt.
Teil dieses Konzeptes ist die Toodlerstuff, eine ehemalige Schule neben dem Wald. Dieses Gebäude wird genutzt, um gemeinsam Hausaufgaben zu erledigen. Auch werden hier Hecken zusammen gepflanzt oder Gewächshäuser errichtet. Die Wärme des alten Holzbodens und die gemütliche Einrichtung unterstützen nach den unterschiedlichen Beschäftigungen die Erholung des Kindes, das sich mit einem Buch in die Kuschelecke zurückziehen darf.
Medien positiv nutzen
Kinder wachsen heute ganz selbstverständlich mit Medien auf. Ob über I-Pad, Smartphone oder das Fernsehen : Die mediale Welt steht jedem Kind offen. Der richtige Umgang mit Medien ist daher wichtiger denn je. In der Kannerstuff wird die Beschäftigung mit Film und Fernsehen pädagogisch geleitet. Im Medienprojekt werden Schüler des cycle 3 und des cycle 4 zu Darstellern der eigenen Sitcom, die im selbst gebauten Bühnenbild eines Raumschiffs stattfindet, oder schlüpfen in die Rolle des Nachrichtensprechers. In Zusammenarbeit mit der Grundschule werden hierbei die Neuigkeiten der Schülerzeitschrift verlesen, wodurch Aussprache und Lesekompetenz gefördert werden. Die Förderung sozialer Kompetenzen (Teamarbeit, Konfliktlösung, Verteilung der Aufgaben…) wird hier mit Spaß am Rollenspiel vereint. Die Begeisterung der Kinder speziell in diesem Projekt hält sich kaum in Grenzen und belegt die Vereinbarkeit von gezielter Förderung und Vergnügen.
Werkeln für den guten Zweck
Im Atelier wird das handwerkliche Talent von klein und groß gefördert. In möglichst kleinen Gruppen werden unter anderem Dekorationsartikel aus Holz angefertigt, die im Rahmen des Projektes „Kanner hëllefe Kanner” auf dem alljährlichen Heischtermaart verkauft werden. Der Erlös wird demnach Kindern gespendet, denen es schlechter geht als den kleinen Handwerkern selbst. Dadurch werden den Kindern Werte wie Empathie und Hilfsbereitschaft vermittelt und sie werden für Lebensumstände sensibilisiert, die sie aus eigener Erfahrung nicht kennen.
Gleich zwei Buchprojekte wurden ebenfalls mit dem Ziel der Förderung sozialer Kompetenzen umgesetzt. Renée Webers Erzählung „Eng Maus am Haus”, das mit dem Luxemburger Buchpreis 2016 für das beste Kinderbuch ausgezeichnet wurde, entstand in enger Zusammenarbeit mit den Kindern der Maison Relais. Sämtliche Illustrationen sowie die eine oder andere Idee stammen von den Schützlingen der Kannerstuff, die ihrer Kreativität freien Lauf lassen konnten. Ebenso entstand ein Kochbuch, das auf gemeinsamen Erfahrungen basiert. Mit dem Verkauf beider Bücher werden soziale Stiftungen unterstützt, so zum Beispiel ein Projekt, das Flüchtlingskindern hilft.
Vom Körperbewusstsein zum Selbstbewusstsein
Durch Aktivitäten wie Airtramp (gezielte Körperübungen auf einem 5 x 5 m Luftkissen) und Schwimmen soll das Kind die eigenen Grenzen und Fähigkeiten kennenlernen. Im Wasser sollen Ängste vor verschiedenen Situationen abgebaut und Selbstvertrauen auf der anderen Seite gestärkt werden. Beim Airtramp werden gezielt Gleichgewicht und Psychomotorik trainiert. Hierzu müssen die verantwortlichen ErzieherInnen eine Weiterbildung absolvieren. Anspannung und Entspannung wechseln sich dabei ab und bieten den Kindern die Möglichkeit, sich auszutoben und später zu entspannen, was sich insbesondere auf Kinder mit ADHS sehr positiv auswirkt.
Maison Relais als Ausbilder
Neben der Betreuung zahlreicher Projekte hat es sich die Kannerstuff zur Aufgabe gemacht, erzieherische Hilfskräfte und Animateure auszubilden. Die Schulungen hierfür wurden vom Team selbst erarbeitet.
Oft werden SchülerInnen der 9e bei Interesse über den Zeitraum von einer Woche in die Aufgaben des Erziehers eingewiesen. Dieses „Schnupperpraktikum” ermöglicht einen Einblick in den Beruf und ist nicht selbstverständlich für eine Maison Relais.
Personelle Herausforderungen
Die vielen Projekte der Kannerstuff erfordern viel Zeit und personellen Aufwand. Würden sich die ErzieherInnen der Maison Relais nicht mit vollem Einsatz in ihre jeweiligen Projekte einbringen, wäre der einzigartige Charakter der Kannerstuff nicht gesichert.
Jedem vollzeit beschäftigten Erzieher stehen jährlich 103 Stunden zur Verfügung, um Tätigkeiten nachzukommen, die sich außerhalb ihres eigentlichen pädagogischen Arbeitsfeldes befinden. In diesen Aufgabenbereich fallen Vorbereitung und Dokumentation der Aktivitäten sowie Gespräche mit Eltern und Lehrpersonal. Die Erfahrung zeigt, dass die Anzahl an berechneten Stunden keineswegs ausreicht, um diesen Aufgaben gerecht zu werden.
Viel Arbeit wird unentgeldlich verrichtet, wie beispielsweise die Fütterung der Tiere am Wochenende. Überstunden werden vom Personal in Kauf genommen, weil die positiven Auswirkungen ihres Engagements auf die Kinder spürbar sind. Nur durch eine Mannschaft aus motivierten MitarbeiterInnen, die ihr Herzblut in ihre Arbeit stecken, kann ein Gesamtprojekt wie die Kannerstuff funktionieren.
Administrative Herausforderungen
Erzieherinnen und Erzieher würden sich wünschen, dass von Seiten der Regierung mehr sogenannte Vorbereitungsstunden für die institutionalisierte Kinderbetreuung gewährt würden. Um eine qualitativ hochwertige Betreuung zu gewährleisten, benötigt das Personal ausreichend Zeit, um auf theoretischer Basis eine optimale Förderung der Kinder zu planen. Die Kinderbetreuung in kleinen Gruppen stellt ebenso eine Herausforderung dar, insbesondere, wenn es krankheitsbedingt zu Personalausfällen kommt. Solche Situationen verlangen dem Betreuerteam einen hohen persönlichen Einsatz ab, der sicherlich nicht überall gewährleistet ist. In Notfällen lädt sich die Direktion lieber selbst Überstunden auf, als dass sie Mitarbeiter aus dem Urlaub zurückruft.
Grundsätzlich fehlt eine feste Arbeitskraft, die im Rahmen einer 25-Stunden-Woche administrative Aufgaben übernehmen könnte. Diese Stunden werden zur Zeit vom Leitungsteam übernommen.
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