Personalabteilungen am Limit: Zwischen Alltagsarbeit, Vorschriften und einem rasanten Personalkarussell
Die Personalabteilungen in den Gemeindeverwaltungen stehen vor einer Vielzahl von Herausforderungen, die ihre Arbeitsfähigkeit zunehmend beeinträchtigen. Neben dem täglichen Verwaltungsaufwand sehen sie sich mit ständigen Änderungen von Vorschriften und Zuständigkeiten konfrontiert, die ihre ohnehin begrenzten Ressourcen weiter belasten. Diese Situation wirkt sich negativ auf die Effizienz und Motivation der Mitarbeitenden aus.
Kritik an intransparenten Einstellungspraktiken
Die FGFC – Gewerkschaft vum Gemengepersonal – kritisiert seit Langem die uneinheitlichen und oft intransparenten Einstellungsverfahren in den Gemeinden. Anstelle der gesetzlich vorgeschriebenen Einstellung von Beamten oder nur in Ausnahmefällen von „employés communaux“ greifen viele Verwaltungen zu kreativen Vertragsgestaltungen. Dabei werden häufig „salariés à tâche intellectuelle“ mit individuell ausgehandelten Verträgen eingestellt. Diese Praxis untergräbt die Grundprinzipien des öffentlichen Dienstes und erschwert die Arbeit der Personalabteilungen erheblich. Die Vielzahl an unterschiedlichen Kollektivverträgen bei den Arbeitern*innen verursacht neben Ungerechtigkeiten, einen erheblichen und schwer überschaubaren Verwaltungsaufwand.
Defizite in Aus- und Weiterbildung
Die Organisation von Aus- und Weiterbildungen fällt meist in den Zuständigkeitsbereich der Personalabteilungen. Während für das allgemeine Personal in den Gemeinden Aus- und Weiterbildungsprogramme existieren, sind diese oft unzureichend oder wenig praxisorientiert. Noch schlechter ist die Situation für die Beschäftigten in den Personalabteilungen selbst: Es gibt nur wenige praxisorientierte Kurse, die bei der Bewältigung der spezifischen Herausforderungen des Arbeitsalltags wirklich helfen.
Auch die Einstellung von Beamten und die Organisation ihrer Kurse und Examen sind weit davon entfernt, optimal strukturiert und koordiniert zu sein. Das Fehlen klarer und einheitlicher Standards erschwert es, qualifiziertes Personal kurzfristig zu rekrutieren, zu integrieren und langfristig zu fördern.
Unklare Kompetenzverteilungen und gesetzliche Unstimmigkeiten
Ein weiteres Problem liegt in der Kompetenzverteilung, insbesondere in der Rolle des Gemeindesekretärs, der insbesondere in kleineren kommunalen Verwaltungen oft gezwungenermaßen zugleich die Aufgaben der Personalabteilung übernimmt. Obwohl in vielen Gemeinden der Gemeindesekretär als „Chef d’administration“ fungiert, liegt die gesetzliche Kompetenz ausschließlich beim Bürgermeister*in. Das Gesetzesprojekt 8052, das hier für Klarheit sorgen sollte, bot keine koherente Lösung. Stattdessen hätte es den politischen Beamten eingeführt und die Laufbahn des Gemeindesekretärs vollständig aufgelöst - weswegen die FGFC sich erfolgreich gegen dieses Projekt aussprach. Die FGFC fordert daher eine strikte Aufteilung der Zuständigkeiten und Kompetenzen zwischen Politik und Personal und die Überarbeitung der kommunalen Autonomie.
Zudem sind etwa 10 % der Posten der Gemeindesekretäre mit „agents faisant fonction“ besetzt, also Agenten die diese Position nur vorübergehend innehaben, bedingt, dass diese ihre Ausbildung nicht abgeschlossen haben. Ein Umstand, der die ohnehin bereits angespannte Situation zusätzlich verschärft.
Hinzu kommt, dass zahlreiche Organigramme und internen Dienstvorschriften (ROI) nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen, was die Klärung von Zuständigkeiten zusätzlich erschwert. Erschwerend wirkt dabei, dass viele Schöffenräte in diesem Zusammenhang durch Beratungsresistenz und fragwürdige rechtliche Praktiken auffallen.
Überlastung durch fehlende politische Richtlinien
Die Situation wird zusätzlich dadurch erschwert, dass die Politik viele Aufgaben auf die Personalabteilungen abwälzt, ohne klare Richtlinien bereitzustellen. Das Fehlen praxisorientierter Vorgaben führt zu Unsicherheiten, erhöhtem Arbeitsaufwand und vermeidbaren Fehlern. Des Weiteren ist es ein offenes Geheimnis dass viele Gesetztstexte weder klar formuliert noch den heutigen Gegenbenheiten angepasst sind. Die Verantwortlichen in den Verwaltungen müssen oft improvisieren, um diese Anforderungen zu erfüllen.
Zudem verstärken externe Beratungsfirmen den Druck, die häufig ohne ausreichende Kenntnis der lokalen Strukturen agieren und mit teuren Profit-First Konzepten mehr Verwirrung als Klarheit schaffen.
Verspätete Einführung des Accord Salarial
Seit Jahren kritisiert die FGFC vehement die verspätete Umsetzung des Accord Salarial im kommunalen Dienst. In der Regel wird dieser mit einer Verzögerung von minimum 24 Monaten eingeführt und dann rückwirkend angewendet. Diese Praxis führt zu einem enormen und nicht planbaren Arbeitsaufwand für die Personal- und Finanzabteilungen, die oft ohne klare oder rechtzeitige Anweisungen aus den zuständigen Ministerien auskommen müssen. Die unzureichende Unterstützung durch die kommunale Abteilung im Ministerium für Innere Angelegenheiten verschärft die Situation zusätzlich – obwohl bekannt ist, dass diese Abteilung im Ministerium selbst chronisch unterbesetzt ist.
Hohe Fluktuation und Unzufriedenheit im Personal
Ein alarmierendes Zeichen ist die steigende Fluktuation im kommunalen Sektor. Unzufriedenheit mit der Arbeitsatmosphäre und unzureichende Arbeitsbedingungen in einigen Gemeinden und Gemeindesyndikaten führen dazu, dass viele Mitarbeitende den Arbeitgeber wechseln oder den Gemeindesektor verlassen. Dieses Verhalten erhöht den Druck auf die verbleibenden Mitarbeitenden und erschwert eine langfristige Personalplanung.
Die Konsequenz: Überlastung auf allen Ebenen
Die aktuellen Zustände führen dazu, dass besonders die Personalabteilungen in den Verwaltungen zunehmend an ihre Belastungsgrenzen stoßen. Die Kombination aus Alltagsarbeit, unklaren Vorgaben, ständigen Änderungen, zusätzlichen Aufgaben wie der Organisation von Weiterbildungen, einem sich immer schneller drehenden Personalkarussell und Kompetenzstreitigkeiten schafft ein ungesundes Klima.
Digitale Lösungen als Hoffnungsschimmer
In dieser herausfordernden Situation erweist sich die digitale Plattform e-MINT als besonders hilfreiches Werkzeug. Ihre intuitive Bedienung und praxisorientierte Herangehensweise ermöglichen es, zahlreiche administrative Prozesse effizienter zu gestalten. Insbesondere bei der Verwaltung von Personaldaten, der Organisation von Weiterbildungen und der einheitlichen Umsetzung gesetzlicher Vorgaben ist e-MINT unverzichtbar und die FGFC befürwortet den Ausbau solcher praxisorientierten Entwickelungen.
Einheitliches Personalmanagement und praxisnahe Ausbildung
Die FGFC zeigt sich äußerst besorgt darüber, dass sich die ohnehin bestehenden Unterschiede im Personalmanagement zwischen Staat und kommunalem Sektor weiter vertiefen. Sie fordert nachdrücklich eine Angleichung und spricht sich gegen isolierte Alleingänge der Gemeinden aus. Die Gewerkschaft plädiert für ein klares und einheitliches Personalmanagement, unterstützt durch ein ministerielles Kompetenzzentrum in Zusammenarbeit mit dem CGPO. Zudem setzt sich die FGFC für die Einrichtung einer praxisorientierten Berufsschule ein, um den spezifischen Anforderungen der kommunalen Praxis gerecht zu werden und die Handlungsfähigkeit nachhaltig zu stärken.