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Der moderne Staat funktioniert nicht ohne motiviertes Personal


Der Minister für den öffentlichen Dienst und die Verwaltungsreform Dan Kersch und die zuständige Regierungsrätin Paulette Lenert zur Lage des Personalmanagements im öffentlichen Dienst

Als Dan Kersch im Jahr 2013 sein Amt als Minister für den öffentlichen Dienst und die Verwaltungsreform antrat, stieß er nach eigenen Angaben bei der allgemeinen Betreuung der Staatsbediensteten auf Zustände, wie sie wohl eher große Industriebetriebe in der Nachkriegszeit kennzeichneten. Gewollt überspitzt bringt er somit die Handlungsnot zum Ausdruck, die sich ihm schlagartig aufdrängte, als ihm das Ausmaß der Herausforderungen in diesem Bereich bewusst wurde.

Schwachstelle - psychosoziale Betreuung

Die verschiedenen Gutachten im Vorfeld der jüngsten Reformen im öffentlichen Dienst wiesen unmissverständlich auf konkrete Schwachstellen im Personalmanagement hin, die sowohl im Interesse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, als auch im Interesse des öffentlichen Arbeitgebers „Staat“ schnellstmöglich behoben werden mussten. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden kaum Gelder für die Beratung der öffentlichen Bediensteten bereitgestellt. Überdies gab es für Probleme, die über die klassische Arbeitsmedizin hinausgingen, keine Ansprechpartner. Die Vernachlässigung der eigenen Bediensteten ging zum Teil so weit, dass Beamte ihrer Arbeit über längere Zeit einfach nicht nachkamen und ihnen dennoch ein Gehalt gezahlt wurde. Weiter kam es vor, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus privaten oder beruflichen Gründen depressiv wurden und niemand aus ihrem professionellen Umfeld darauf angemessen reagieren konnte oder wollte. Obwohl das Thema der psychosozialen Risiken seit mehr als zehn Jahren zunehmend in der Arbeitswelt diskutiert wird, wurden bis zum Regierungswechsel beim Staat für den Bereich der mentalen Gesundheit der Bediensteten keinerlei Statistiken erstellt. Die Auswirkungen psychosozialer Komponenten auf das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit der Bediensteten waren im Rahmen der staatlichen Beschäftigung demnach kein Thema.

Dringendes Umdenken nötig

Minister Kersch unterstreicht, dass der Staat, insbesondere als landesweit größter Arbeitgeber, gegenüber seinen rund 27.000 Beschäftigten in der psychosozialen Verantwortung steht. Dies gilt sowohl während als auch außerhalb der festgesetzten Dienstzeiten. Missstände im Bereich „mentale Gesundheit“ können jedoch nicht nur mittels finanzieller Unterstützung behoben werden, so wie dies in der Vergangenheit bei Regierung und Gewerkschaften im Privatsektor der Fall war. Die Rekrutierung von ausgebildetem Personal, das sich einzig und alleine der Beratung und der Betreuung des Personals widmet, ist unumgänglich, um gezielt auf psychosoziale Problemfelder eingehen zu können. Ein Mitarbeiter, der sich wohl fühlt, ist engagierter und leistet bessere Arbeit. Die Investition in entsprechendes Personal lohnt sich also nicht nur für Arbeitgeber und Personal, sondern ebenfalls für die gesamte Bevölkerung, die mit Recht eine optimale Dienstleistung vom Staat einfordert.

Erste Schritte

Im Gegensatz zu früher, erklärt Frau Paulette Lenert, soll das Ministerium für den öffentlichen Dienst zu einem „Haus der offenen Tür“ werden. So wird z.B. konsequent daran gearbeitet, die Kommunikation zwischen den verschiedenen Verwaltungen im Sinne einer fruchtbaren Zusammenarbeit zu fördern. Beamte in Führungspositionen werden in diversen Weiterbildungen für die Thematik „betriebliches Gesundheitsmanagement“ sensibilisiert und geschult. Zu diesem Zweck werden ebenfalls regelmäßig Konferenzen organisiert. Bestandsaufnahme durch Umfragen Anfang nächsten Jahres wird eine längst fällige repräsentative Umfrage bei den Staatsbediensteten im Bereich „psychosoziale Risiken“ realisiert werden. Erstmalig wird der Staat dann in der Lage sein, sich auf Basis einer wissenschaftlich fundierten Recherche ein umfassendes Bild der „Zustände im eigenen Haus“ zu machen. Eine solche grundlegende Bestandsaufnahme ist unabdingbar für fortschrittsorientierte Zielsetzungen im Bereich des Personalmanagements. In regelmäßigen Abständen soll somit die Einhaltung einer klar definierten Norm betreffend das Arbeitsklima kontrolliert und garantiert werden. Auf Basis der Resultate dieser ersten Befragungen, deren Auswertung in der ersten Hälfte des nächsten Jahres vorliegen wird, soll überdies ein kohärenter Aktionsplan ausgearbeitet werden. Minister Kersch unterstreicht, dass er bei seinen Vorhaben auf die Unterstützung der gesamten Regierung zählen kann. Er stehe also nicht allein hinter diesem Paradigmenwechsel in Punkto Personalmanagement im öffentlichen Dienst. Somit werden in den nächsten Jahren die zur Verfügung stehenden Finanzmittel in diesem Bereich deutlich angehoben. Unabhängig von Statistiken und den jeweiligen finanziellen Mitteln ist die Zusammenarbeit der einzelnen Regierungsmitglieder untereinander unentbehrlich für die konkrete Umsetzung der geplanten Neuerungen. Texte und Absichtserklärungen allein bleiben bekanntlich graue Theorie, wenn sie nicht in konkrete Taten münden.

Konkrete Maßnahmen gegen Über- und Unterforderung

Insbesondere hinsichtlich der für 2017 geplanten weiteren Besetzung von 1.044 neuen Planstellen (vorrangig Unterrichtswesen und Polizei) beabsichtigt die Regierung, die psychosoziale Beratung seiner Bediensteten weiter auszubauen. Nur Mitarbeiter, die die an sie gestellten Anforderungen auch psychisch tragen können, können den zunehmend wachsenden Ansprüchen gerecht werden. Hierbei können ihnen dann, neben der psychosozialen Beratung, ebenfallsTechniken zur Stressbewältigung näher gebracht werden. Persönlich soll jeder die Gewissheit haben, dann Hilfe zu bekommen, wenn er oder sie sie auch benötigt. Nur ein Mitarbeiter, der sich wohl und aufgehoben fühlt, kann seine Kapazitäten ausschöpfen und die Leistung erbringen, die ihn selbst und seine Vorgesetzten zufrieden stellt.

Kommunales betriebliches Gesundheitsmanagement

In Bezug auf den geplanten Ausbau des betrieblichen Gesundheitsmanagements bei den Kommunen besitzt der Staat jedoch sehr wenig Einfluss auf dessen Umsetzung. Staatliche Dienstleistungen können an dieser Stelle lediglich angeboten werden. Ob die Gemeinden dieses Angebot annehmen werden und gegebenenfalls bei sich vor Ort umsetzen, ist und bleibt Bestandteil der kommunalen Autonomie. Trotzdem sieht Minister Kersch keinen Grund, hier allzu skeptisch zu sein. Dienstleistungen, die sich positiv auf die Arbeitsgemeinschaft auswirken, sind ebenfalls im Interesse der Organisationsstrukturen der Kommunen. Hiervon abgesehen würde eine Gemeinde, die die einzuführenden neuen Normen, wie z.B. die Erstellung eines Organigramms, in ihrer Verwaltung ignoriert, sich nicht konform zum Gesetz verhalten und müsste mit juristischen Konsequenzen rechnen. Der wichtigere Aspekt der modernen Arbeitsmethodik spielt sich jedoch nicht auf dem Papier  ab, sondern zeigt sich im täglichen praktischen Umgang miteinander und kann nicht von oben herab verordnet werden. Diese Einsicht der einzelnen Verantwortlichen ist erforderlich, um das geplante Projekt erfolgreich und nachhaltig umzusetzen. Die Erkenntnis, dass wir Menschen nicht wie Maschinen funktionieren und gelegentlich Unterstützung benötigen, um unsere Leistung abzurufen, soll von Seiten des Ministeriums nach außen kommuniziert werden und hoffentlich auch bei den Gemeinden ankommen. Präventive Maßnahmen sollen das Arbeitsklima verbessern und somit der Gesundheit dienen.

Steigende Nachfrage

Dass Minister Kersch zusammen mit Regierungsrätin Lenert hier den Nerv der Zeit getroffen haben, zeigt sich deutlich am wachsenden Interesse, das von unterschiedlichen Seiten an sie herangetragen wird. Auch steigt der Andrang von Betroffenen, die gerne eine psychosoziale Unterstützung in Anspruch nehmen würden, beziehungsweise von Verwaltungen, die eine solche für ihr Personal für sinnvoll erachten. All dies passiert, obwohl bisher nur wenige Informationen von den Plänen seitens des Ministeriums veröffentlicht wurden.Durch den direkten Austausch mit unterschiedlichen Verwaltungen kam es bereits zu ergebnisorientierten Gesprächen. Die Überzeugungsarbeit scheint also zu fruchten. Als erster Schritt arbeite man weiter an dem Bewusstsein für die Problematik „Gesundheit am Arbeitsplatz“, dem dann eine rasche Umsetzung folgen wird, sobald die entsprechenden Gesetzestexte vorliegen.

Fazit

Themen  wie „Wachstum“  und „Nationbranding“ werden aktuell offen diskutiert. Der Staat als solcher wird hierbei kaum in Erwägung gezogen, obwohl er von großer Bedeutung für beide Faktoren ist. Ein Land mit schlecht funktionierendem öffentlichen Dienst und unmotivierten Mitarbeitern kann für ausländische Investoren und Arbeitskräfte, die Luxemburg dringend braucht, nicht attraktiv sein.  Die Schnelllebigkeit der heutigen Arbeitsformen schließt sowohl Staat als auch Gemeinden mit ein. Staat und Gemeinden, beides öffentliche Arbeitgeber, müssen folglich nachhaltig mitwachsen und sich den modernen Herausforderungen im Bereich „human resources“ kontinuierlich neu stellen.